Was nicht im Kopf ist, muss auch nicht aufgenommen werden

Musikerhandbuch: Rifftapes sind Quatsch

Das neue Metallica Album ist erschienen und Kirk Hammet hat nicht einen Song dazu beigesteuert. Weil er sein Handy verloren hat, auf dem er rund 250 Riff-Ideen für neue Songs aufgenommen hatte. Die Frage die sich mir sofort stellte: Wieso kann er sich nicht wenigstens an eine Handvoll von Riffs erinnern, oder wenigsten an ein oder zwei halbfertige Songs? Wir werden es nie erfahren.

Diese Anekdote nehme ich zum Anlaß über den Nutzen von Riff-Tapes zu schreiben. Selig diejenigen, die nicht wissen was das ist. Es handelt sich hierbei um die Unsitte, jede noch so kleine Idee sofort aufzunehmen (früher auf Band, sprich Tape, heute natürlich auf seinem Smartphone) und dann sofort wieder zu vergessen. Die Ideen werden dann irgendwann einmal, wenn es ans Songschreiben geht, durchgehört, um aus den einzelnen Versatzstücken einen Song zusammen zu panschen. Das Problem dabei ist natürlich, dass hier keine Idee aus der anderen hervorgeht, der Song sich nicht entwickelt, sondern mehr oder weniger wahllos Riffs aneinander geklebt werden. Und oft sind diese Riffs dabei dann so beliebig, dass die Songs keinerlei Wiedererkennungswert haben.

Ich habe schon vor langer Zeit aufgehört mit Riff Tapes zu arbeiten. Wenn ich eine Idee habe, die ich mir nicht mal einen Tag merken kann, dann ist diese Idee es auch nicht wert, weiter entwickelt zu werden. Wenn ich mir schon meine Riffs nicht merken kann, wie hoch ist dann der Wiedererkennungseffekt bei den Zuhörern?

Ich bin dazu übergegangen, die Riff-Ideen nur noch im Kopf zu behalten und mit ihnen rumzuspielen. Das dann natürlich mit der Gitarre in der Hand. Ich bin kein Mozart, der ganze Oper im Kopf fertig schreibt. Natürlich vergesse ich dann auch das ein oder andere Riff wieder. Das ist aber ein gesunder Selektionsprozeß, der den ganzen beliebigen Müll ganz natürlich entsorgt. So bleiben es vier, fünf guten Ideen, aus denen sich dann beim Spielen ganz natürlich weitere Ideen entwickeln. Ich habe das Gefühl, dass die Songs dann wesentlich organischer klingen.

Natürlich gibt es auch bei dieser Methode harte Brüche, Tempo-Wechsel, oder Riff-Orgien. Und hin und wieder, wenn ich meine, eine besonders geniale Idee zu haben und dann aber keine Zeit habe, ein wenig damit rumzuspielen, dann nehme ich die Idee auch mit meinem Smartphone auf. Da ich dies aber so selten tu, muss ich am nächsten Tag so gut wie nie nachhören. Allein durch das Aufnehmen habe ich mir meistens das Riff bereits gemerkt. Und dann wird die Aufnahme ganz schnell auch wieder gelöscht, um ja nie eine Unsumme von Riffs auf dem Handy anzusammeln. Aber ich bin ja auch nicht Kirk Hammet.