Endlich mal ein erwachsener Marvel Film

Logan – The Wolverine

Ich hatte die Hoffnung eigentlich schon vor langer Zeit aufgegeben, aber hier ist er dann endlich: ein Marvel Film der mich extrem mitgenommen, atemlos und angenehm irritiert aus dem Kino entlässt. Logan – The Wolverine ist aus mehreren Gründen ein erwachsener Film.

Zunächst einmal ist er extrem gewalttätig. An einigen Stellen sogar so explizit, daß ich ihn eher ab 18 statt – wie die FSK – ab 16 einstufen würde. Und das sage ich als langjähriger Besucher des Fantasy Filmfestivals, der schon so einiges an Splatter ertragen hat. Diese explizite Gewaltdarstellung ist für die Geschichte aber tatsächlich nötig. Denn Wolverine ist ein ambivalenter Charakter, der die Gewalt sei Leben lang stets förmlich angezogen hat und dadurch alle, die ihm etwas bedeutet haben, mit in den Abgrund gerissen hat. Die Gewalt, die Logan nicht los wird, weil sie vielleicht zu sehr ein Teil von ihm ist, ist nicht schön anzusehen. Sie ist widerlich und abstoßend, aber gerade dadurch auch seltsam faszinierend. Hier gibt es endlich einmal einen Film, in der die Darstellung der Gewalt mit dem düsteren Ton Geschichte übereinstimmt. Nicht so wie in Rogue One – A Star Wars Story, in der die Geschichte eines hoffnungslosen Himmelfahrtskommando erzählt wird, das Kampfgeschehen aber wie eine familientaugliche Kissenschlacht daherkommt. Logan ist schon allein aufgrund der Gewaltdarstellung definitiv kein Film für Kinder.

Es ist aber auch durch die gut und stimmig entwickelte Geschichte ein sehr erwachsener Film. Logan ist des Kämpfens und des Lebens müde, Charles Xavier leidet an einer degenerativen Hirnerkrankung. Das Alter spürt man den beiden in jeder Sekunde des Films an. Seit langer Zeit wird hier in einem Action-Film das Thema „gebrochener Held“ nicht nur comichaft skizziert sondern in jeder Sekunde des Films glaubhaft dargestellt; mit vielen Details und kurzen Szenen, die allein der Charakterisierung der Hauptpersonen dienen. Ein Film, der für einen Action-Reißer überraschend viele gute Dialoge aufweist. Der auch in der Geschichte den ein oder anderen Schlag in die Magengrube bereit hält. Der mit Hugh Jackman und Patrick Stewart zwei Schauspieler hat, die sich so wunderbar in ihre Rollen als altersschwache X-Men hineingesteigert haben, dass es eine Freude ist, endlich mal wieder auch ein wenig Schauspielkunst in einem Marvel Film zu sehen.

Ein Film, der sich an den entscheidenden Stellen Zeit läßt. Der seine Geschichte und sein Publikum ernst nimmt. Der ein paar Dinge offen lässt. Der nicht auf weichgespülten Kompromiß-Konsens sondern auf maximalen emotionalen Impact ausgelegt ist. Und dessen Hauptpersonen einige mehr als fragwürdige Dinge tun. Weil sie nicht anders können, oder weil sie nicht anders wollen? Nur eine der Fragen, mit denen mich dieser Film zurückgelassen hat.

Wie gesagt, seit langer Zeit mal wieder ein sehr erwachsener Action-Film. Was sich bei mir daran bemerkbar gemacht hat, dass ich nach dem Kino zu Hause nicht einfach die Glotze angemacht habe, sondern den Film noch eine Weile nachwirken lassen musste. Bleibt zu hoffen, dass sich hier so etwas wie ein Aufbruch zu neuen Ufern im Marvel Universum abzeichnet. Denn ich habe inzwischen so was von keine Lust mehr auf das belanglose Popcorn-Familien-Action-Kino der letzten Jahre, egal ob Marvel, Star-Trek oder Star Wars.

Und wo ich gerade dabei bin. Ich habe dann jetzt endlich auch Star Wars VII – Das Erwachen der Macht gesehen. Habe mir da neulich die DVD gekauft. Und ich sag mal so: Als Kind fand ich die klassische Star Wars Trilogie so gut wie Coca Cola. Das hat geknallt und war etwas Besonderes, was ich nicht jeden Tag bekam. Star Wars VII hat bei mir ein ähnliches Gefühl ausgelöst. Nur eben wie Pepsi. Also das Gleiche, nur anders. Allerdings bin ich nun schon lange erwachsen. Und Cola ist leider so gar nicht mehr mein Getränk. Ich trinke inzwischen nämlich lieber Gin Tonic.