GEMA verlangt Gebühren für Spiegelbilder

Soweit kommt’s noch

Mein Nachbar, der auf der anderen Straßenseite direkt gegenüber wohnt, hat einen unglaublich großen Plasmafernseher, der sich ungelogen über seine gesamte Wohnzimmerwand erstreckt. Unser Nachbar ist ein alter Rock’n’Roller, etwas kurzatmig und schwerhörig, so dass er meist bei offenem Fenster und brüllend laut aufgedrehtem Ton die neusten Konzertvideos auf BluRay anschaut. Da können wir von unserem Wohnzimmerfenster aus prima mitschauen und mithören, ist quasi Open-Air-Kino. Die GEMA findet das nicht so lustig und hat schon mehrfach versucht Gebühren von ihm einzutreiben, von wegen Public-Viewing und so. Aber sie stieß bei ihm bisher immer auf taube Ohren. Irgendwie auch klar, weil er ja schwerhörig ist. Also hat sie ihn jetzt verklagt. Aber er, der alte Total-Verweigerer, geht durch alle Instanzen und denkt sich wahrscheinlich insgeheim „Bis das Verfahren entschieden ist, hab ich eh längst das Zeitliche gesegnet. Also scheiß drauf, Long Live Rock’n’Roll Baby.“

Uns wurde das Rumgestehe am Fenster in letzter Zeit dann doch ein wenig zu anstrengend und da hatten wir die geniale Idee, an unserer Wohnzimmerwand einen riesigen Spiegel aufzuhängen. Das ging problemlos, da unser Fernseher noch so ein altes Röhren-Winzdings mit 37cm Diagonale ist. Der steht nun in der Ecke und wir sitzen auf dem Sofa und können in dem Spiegel den riesengroßen Plasma-Fernseher von unserem Nachbarn sehen. Ist zwar nun alles spiegelverkehrt und der Ton kommt von hinten, aber dafür bequem. Und die Rolling Stones oder Metallica mal von der anderen Seite zu sehen ist eigentlich ganz lustig.

Die GEMA findet das leider gar nicht so lustig. Weil sich das Verfahren mit unserem Nachbarn so endlos in die Länge zieht, überlegt sie sich nun, von uns GEMA Gebühren zu kassieren. Die Spiegelbilder an unserer Wohnzimmerwand seien „embedded content“ und somit gebührenpflichtig. Das sei zwar auf EU-Ebene noch nicht ganz durch, aber man wolle alles daran setzen, dass dies demnächst so umgesetzt wird.

Oha! Da kommt einiges auf uns zu. Unserem Nachbarn ist das mehr oder weniger egal. Der sitzt die Sache einfach aus. Wie er denn heißt, unser Nachbar? Habe ich das nicht erwähnt? Sein Name ist Yuri Kurt Tubolsky, aber wir nennen ihn einfach immer nur YuTub.

Wer es bis jetzt noch nicht gemerkt hat. Das war eine kleine Satire, die versucht die aktuellen Entwicklungen in der EU-Urheberrechtsdebatte wiederzuspiegeln (!). Und auch wenn sich das hier lustig absurd liest ist die eigentliche Sache doch ernst. Die EU-Kommission führt noch bis zum 5. März eine öffentliche Konsultation zum EU-Urheberrecht durch. Die Deutsche Filmkomponistenunion hat ihren Mitglieder den Fragebogen einfach  schon mal vorausgefüllt, wir können uns denken mit welchen Inhalten.

Es ist aber eigentlich ganz leicht den Fragebogen selbst auszufüllen und seine ureigene Meinung zum Thema Urheberrecht kund zu tun. Das geht direkt über ein Formular der EU-Kommision. Wer dennoch ein wenig Hilfestellung benötigt, findet diese auf deutsch bei copywrongs.eu oder auf englisch bei fixcopyright.eu. Also: Mitmachen und nicht nachher rumjammern, ihr hättet das ja nicht ahnen können.

Klarstellung:
Ich bin der Meinung, dass YouTube für GEMA-Inhalte auch GEMA-Gebühren zahlen und sich endlich mal mit der GEMA einigen sollte. Ich bin aber auch der Meinung, dass einmal zahlen genug ist. Wenn ich ein YouTube-Video auf meiner Seite einbettte, dann hat YouTube die GEMA-Gebühren zu zahlen und gut ist. Denn das Video auf meiner Seite ist ja nur eingebettet. Und das ist nichts anderes als ein Fenster zu meinem Nachbarn gegenüber, wo der riesengroße Plasmafernseher hängt.

Update (13.02.14):
Heute erging ein Urteil des EuGH, in dem sich abzeichnet, dass eingebettete Videos ähnlich wie normale Links zu behandeln sind. Näheres bei irights.info.