Der Creative Commons Werbegag

Von der Unsitte nur einen Track unter CC-Lizenz zu stellen

Es gehört in Musikerkreisen inzwischen zum guten Ton zu einem Album auch immer mindestens einen Track kostenlos anzubieten. Und wenn die entsprechende Band einigermaßen Netzaffin ist, dann steht dieser Track unter einer Creative Commons Lizenz. Das kommt bei „den Fans“ gut an. Aber wisst ihr was? Bei mir schon lange nicht mehr. Mich kotzt das an. Das ist für mich nix anderes, als wenn Firmen durch irgendeine Aktion versuchen sich selbst ein ökologisches Bewusstsein zu attestieren. Greenwashing nennt man das normalerweise. Und wenn Bands meinen, mit einem freien Track seien sie schon „Teil der Creative Commons Bewegung“, dann ist das ein netter Versuch, ein Fan-Brain-Washing, aber mehr auch nicht.

Creative Commons ist kein Werbegag, den man mal eben so auf einen Track aufpappt, nach dem Motto „jetzt neu – mit Creative Commons“. Musik unter Creative Commons zu veröffentlichen hat etwas mit Haltung zu tun. Mit einer Haltung gegenüber den Hörern, der Musik und dem Verhältnis, das ich als Urheber zu meinen Hörern einnehme. Ich empfinde meine Hörer nicht als Kunden, oder schlimmer, als potentielle Kriminelle, die mir sofort die ganze Hand abhacken und klonen, sobald ich sie ins Internet tauche. Genau das scheint ja die Angst der Bands zu sein, die immer noch „all rights reserved“ auf ihre Veröffentlichungen im Netz schreiben. Creative Commons ist die natürliche Konsequenz eines Menschenbilds in der nicht das Besitzen die Maxime des Handels ist, sondern das gemeinsame, verantwortungsvolle Nutzen. Die vielzitierte „Tragik der Allmende“ greift hier nicht, weil die Ressourcen nicht knapp sind, sondern beliebig vervielfältigt (sprich kopiert) werden können.

Das Menschenbild der Bands, die Creative Commons als Gimmick benutzen ist hingegen ein anderes: Urheber sind Rechteinhaber. Nutzer haben keine Rechte, nur Pflichten, aber bekommen hin und wieder ein Almosen zugeworfen, um sie anzufüttern und bei der Stange zu halten. Die Pflicht des Nutzers ist der Konsum, die Pflicht der Urheber ist die Produktion. Und wehe, ein Nutzer spielt sich als Prosument auf. Dann bekommt er den heiligen Zorn des Urheberpantheons zu spüren. Aber in letzter Zeit schlägt dann doch die harte Realität der freien Marktwirtschaft zu. Immer mehr Prosumenten und Hobby-Uhrheber drängen mit ihren minderwertigen CC-Produkten auf den heiß umkämpften Markt der Eitelkeiten und machen die Preise kaputt. Schlimmer noch: Für den Laien sind diese kaum von den hochwertigen Produkte der genialen professionellen Urheber zu unterscheiden. Und plötzlich entwickeln die Nutzer auch noch so etwas wie ein soziales Gewissen; und verlangen das auch von den Urhebern. Was tun? Es nützt alles nix, es ist das Gebot der Stunde. Mitmachen oder untergehen. Und weil es nicht anders geht, war man ja auch schon immer irgendwie ein Teil dieser „Creative Commons Bewegung“. Nun ja, nicht so ganz, aber immerhin ein bisschen. Gerade so viel, wie es ausreicht um nicht als der letzte Hinterwäldler dazustehen und seine Nutzer zu vergraulen.

Fragt sich nur, wann die Nutzer merken, daß es sich dabei um eine Mogelpackung handelt. Vorne steht dick „Creative Commons“ drauf und in der Inhaltsangabe im Kleingedruckten findet man dann 8% CC und 92% all rights reserved (bezogen auf zwölf Tracks eines Albums). Aber es gibt ja noch Hoffnung. Als nächstes kommt dann wahrscheinlich „Jetzt neu! 100% mehr CC-Inhalt“. Und das wären dann immerhin schon mal zwei Tracks pro Album.